Marke Eigenanbau: Ein paar wichtige Hinweise für urbane Hobbygärtner und alle, die Selbstversorger werden wollen!
Es ist ein ganz besonderer Moment, wenn man in einen Apfel beißt, der vom eigenen Baum stammt. Auch Tomaten, Paprika & Co. schmecken zumindest der Einbildung nach besser, wenn man sie selbst gezogen und einen Bezug dazu hat. Bei mir zumindest ist das so. Ich weiß, was ich hier esse: ungespritztes Obst und Gemüse, an der Sonne gereift und super frisch! Die Wertschätzung für diese Lebensmittel ist sehr hoch, schließlich steckt viel Liebe drin. Weniger Transporte, weniger Foodwaste – dafür mehr Nachhaltigkeit. Und entspannen kann man beim Gärtnern auch noch. Genial.
Oasen zwischen Asphalt und Beton
Auf dem Land ist der Eigenanbau recht einfach, zumindest für alle, die Gärten haben. Aber allen Widrigkeiten zum Trotz hört und sieht man, wie sich auch urbane Hobbygärtner immer weiter zwischen den Hochhäusern ausbreiten. Ich finde es toll, dass die essbare Natur wieder Einzug erhält in Städten – aber als Ernährungsexpertin frage ich mich: Ist die Ernte auch gesund? Gerade in Ballungsräumen mit starkem Verkehr wird seit einigen Jahren wieder gegärtnert. Wie wirken sich die Umweltbedingungen auf das Gemüse aus? Dass sich auch Wissenschaftler mit dieser Frage beschäftigen, habe ich bei Recherchen schnell bemerkt. Ich habe z.B. mit einer engagierten Stadtökologin in Berlin darüber gesprochen. In Versuchsgärten bauen sie und ihr Team Gemüse, Obst und Kräuter an und messen dann, wie viele Schadstoffe drinstecken. Das Ergebnis hat mich schon etwas geschockt.
Fieser Feinstaub
Wo von morgens bis abends die Brummis rollen, da gelangen schädliche Stoffe in die Luft. Die Abgase sind nur ein Problem, schlimmer noch: Reifen- und Bremsabrieb. Folge: Giftiger Feinstaub, der sich überall in der Umgebung verteilt. Auch auf prallen Früchten und duftenden Kräutern. Zink, Blei, Chrom, Cadmium usw. werden immer wieder in Gemüse und Kräutern aus urbanen Gärten gefunden. Dabei kommt es sogar vor, dass erlaubte Grenzwerte überschritten werden. Klare Unterschiede bei Blatt-, Wurzel- oder Stilgemüse gibt es nicht. Aus allen Gruppen sind Exemplare mal mehr und mal weniger stark belastet. Auch Obst und Nüsse kommen nicht unbeschadet davon.
Lage! Lage! Lage!
Klar ist: Eine sehr hohe Verkehrsdichte sorgt für eine hohe Schwermetallbelastung der Ernte. Auch ist der Abstand zur Straße wichtig. Je größer die Distanz, desto geringer sind die Schwermetallgehalte im Gemüse. Logisch irgendwie. Auch Pflanzen auf dem Balkon sind nicht immer frei von Schadstoffen, aber ab dem 2. Stock sind die Belastungen deutlich reduziert – solange man nicht in der Einflugschneise eines Flughafens oder in der Nähe von Industriestandorten wohnt.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Schwermetallkontamination aus der Luft ist das Eine. Es gibt aber in Ballungsräumen vermehrt mobile Gemeinschaftsgärten, die sich in Industriebrachen ansiedeln. Man muss sich bewusst sein, dass die Erde ein langes Gedächtnis hat. Giftige Stoffe aus vergangenen Jahrzehnten, sei es vom Verkehr oder der Industrie, können in den Böden stecken und so ins Gemüse gelangen. Es obliegt den Grundstücksbesitzern sicherzustellen, dass keine Gefahr ausgeht von dem Boden. Zudem kann man bei einem nachweisbaren Anliegen offiziell in Altlastkataster bei der Unteren Bodenschutzbehörde einsehen. Bei der Landwirtschaftskammer NRW kann man zudem Bodenproben ab rund 80 Euro auf den Gehalt an z.B. Schwermetallen prüfen lassen. Hobbygärtner, die es genau wissen wollen, können Proben der eigenen Ernte stichprobenartig in privaten Lebensmittellaborstesten lassen.
Das alles hört sich frustrierend an für Stadtbewohner, die eigentlich Gemüse anbauen wollen, das gesünder ist, als das im Supermarkt. Hier habe ich Tipps zusammengestellt, wie man die Schwermetallbelastung der eigenen Ernte minimieren kann:
- Barrieren wie Sichtschutze, Mauern oder Gehölzpflanzungen zwischen stark befahrenen Straßen und dem Garten schirmen Obst und Gemüse ab.
- Kleine Gewächshäuser bieten einen optimalen Schutz vor giftigen Stoffen aus der Luft.
- Für die Bewässerung der Gemüsebeete, sollte man kein Wasser aus Regenauffangbecken verwenden, da dieses Wasser oft mit Schwermetallen verschmutzt ist, weil es über Dächer von Lauben fließt, die nicht selten bleihaltig sind.
- Obst und Gemüse aus urbanem Anbau gründlich waschen, bevor man es isst! Man kann viele Schadstoffe aus der Luft, die auf der äußeren Haut pappen, abwaschen und dadurch den Schwermetallgehalt verringern.
Noch ein Tipp:
Für guten Ertrag müsst Ihr Euch auskennen u.a. in Sachen Erde, Saatgut und Düngung. Es kann beim Gärtnern sehr viel schief gehen, erspart Euch diesen Frust und informiert Euch, bevor Ihr loslegt. Mir ist auch schon das ein oder andere Pflänzchen sinnlos eingegangen, nur, weil ich zu ungeduldig war. Holt Euch z.B. einen Ratgeber im Buchladen, mehr Spaß macht es aber, von Gleichgesinnten zu lernen. Schaut Euch um: Gibt es ein größer angelegtes urbanes Gartenprojekt in Eurer Stadt? Da findet Ihr bestimmt eine Truppe, die ihr Wissen offenherzig weitergibt.
Köln: Essbare Stadt
Es gibt in Köln engagierte Bürger, die kräftig daran arbeiten, die urbane Biodiversität zu fördern,indem sie den Anbau von essbaren Pflanzen im öffentlichen Raum ausweiten. Leuchtturmprojekte sind z.B. Gemeinschaftsgärten wie NeuLand oder die Gartenwerkstadt Ehrenfeld. Verschiedene Vereine wie die Agora Köln und der Kölner Ernährungsrat versuchen zwischen Hobbygärtnern und der Stadtverwaltung Brücken zu schlagen – so gibt es bereits einen Aktionsplan für die Essbare Stadt Köln.
Mich motivieren diese aktiven Menschen sehr. Ich gärtnere gern und will das noch weiter ausbauen, auch, wenn man ziemlich viel im Blick haben muss. Am Ende zahlt es sich für mich aus: Es ist alles so lecker und entspannt.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Anja,
ich habe dieses Jahr angefangen die gute Ausrichtung meines Südbalkons zu nutzen um ein paar Kräuter und Tomaten anzupflanzen. Dies ist auch gut geglückt, nur ist mir jetzt erst die Problematik mitdem Feinstaub in den Sinn gekommen. Ich wohne in Berlin an der A100 (Luftlinie ca. 100 Meter) parallel zu meiner Balkon -Ausrichtung. Wir sind im 4ten Stock und du meintest dass es ab dem 2ten deutlich besser wird. Hast du dafür Belege bzw. weiterführende Literatur? Worauf fundieren deine Aussagen, „nur“ aus dem Gespräch mit deiner Bekannten?
Hoffe du kannst mir weiterhelfen.
freundliche Grüße Leon
Hallo Leon! Meine Angaben beziehen sich auf eine Studie der TU Berlin aus dem Jahr 2012 die die Stadtökologin durchführte. Hier noch 2 Links: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0269749112000929
https://www.gartengnom.net/urban-farming-giftstoffe/
Ich hoffe das hilft Dir weiter, aktuelles habe ich dazu leider nicht. Viele Grüße, Anja